Zum Weltfrauentag

Das Geheimnis – Pastellkreide auf Papier 48 x 36 cm

Gleichberechtigung reicht nicht


Bis vor ein paar Stunden war mir gar nicht bewußt, dass heute Weltfrauentag ist. Dann bekamen die Frauen in einer Whatsappgruppe virtuelle Rosen von einem Mann geschenkt und eine Freundin schrieb genau den Gedanken, den ich kurz davor selbst hatte „Gibt es eigentlich auch einen Weltmännertag?“ Sie ergänzte es mit den Worten, dass der ja aber eigentlich immer ist.
Seit langem beschäftige ich mich sehr mit der Rolle der Frau, mit Feminismus, Emanzipation und der Gleichberechtigung. Und spätestens bei dem Wort werde ich eigentlich immer wütend. Gleichberechtigung ist so oft in aller Munde, aber geht es uns Frauen eigentlich wirklich um die gleichen Rechte allein? Meiner Meinung nach geht es noch sehr viel weiter. Ich möchte als Frau nicht nur gleichberechtigt sein, sondern in erster Linie gleichwertig! Aus der Gleichwertigkeit ergeben sich dann auch die gleichen Rechte.


Das gebrochene Herz – Pastellkreide auf Papier 40 x 30 cm

Wir Frauen stehen uns oft selbst oder einander im Weg

Ich bin Mutter von 2 mittlerweile erwachsenen Söhnen. Die längste Zeit, die meine Kinder bei mir wohnten, war ich alleinerziehend. Ich war erzieherisch und finanziell vollkommen allein für meine Söhne verantwortlich, weil sich der Vater von ihnen einige Jahre nach unserer Trennung unbekannt verzog. Das war 1999 und meine Söhne waren 10 und 12. Ich mußte meine Arbeit als selbstständige Übersetzerin aufgeben und mir einen Vollzeitjob in einem Büro suchen. Ich ging oft schon vor den Kindern aus dem Haus und kam abends frühestens um 17:00 Uhr nach Hause. Es war für uns alle eine sehr schwierige Zeit. Die Belastung machte mir sehr zuschaffen, zumal mein jüngster Sohn seit seinem 7. Lebensjahr Diabetiker Typ 1 ist, was mit vielen Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten verbunden war – alles neben meinem Job.
Wenn ich mal um 16.30 Uhr das Büro verließ, weil ich nicht nur um 7.00 Uhr angefangen, sondern auch die Mittagspause durchgearbeitet hatte, musste ich mir von meinem Chef den Kommentar „arbeitest Du nur halbe Tage?“ anhören.

Von Haus war ich stets dazu erzogen worden, nett und freundlich zu sein, schlank und erfolgreich, immer auf das Äußere achtend.
Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich höchstens ein Fünkchen Selbstwertgefühl habe. Sätze wie von meinem Chef damals, setzten mir wirklich zu. Der Druck wurde immer stärker.
Und sobald es Probleme in der Schule mit meinen Söhnen gab, wurde mir von LehrerINNEN vorgehalten, ich wäre eben berufstätig – kein Wunder das es da Probleme gibt. Aber niemand fragte mal an, ob er helfen könnte.
Meine Mutter half mir damals sehr. Ich wohnte da zwar bereits schon in Hessen, aber sie konnte mir die Kinder in den Schulferien abnehmen.
Meine Söhne waren in der Pubertät und keinerlei Betreuungsmöglichkeiten gibt es für Kinder in diesem Alter, es sei denn, man sorgt privat dafür. Dafür fehlte mir allerdings das Geld. Schließlich bekam ich keinen Unterhalt für die Kinder. Beim Jugendamt konnte ich gut 1 Jahr lang einen Unterhaltsvorschuß für den Jüngsten beantragen, aber der fiel weg, als er 12 wurde.
Meine Geschichte ist leider kein Einzelfall und es gibt sicher noch wesentlich schlimmere, aber kann man an diese Biographien eine Messlatte anlegen? Nein. Jede ist für sich genommen schlimm. Sich mit anderen zu vergleichen, die es noch schlimmer getroffen hat, mag dem einen oder anderen vielleicht kurzfristig helfen, aber tatsächlich nimmt man dann das, was einem selbst widerfahren ist, nicht ernst und würdigt es nicht ausreichend. Und gerade im Würdigen steckt so viel Kraft.
Wenn ich mir heute vergegenwärtige, was ich in der Zeit alles geleistet habe, dann bin ich stolz auf mich. Ich habe viele Fehler in der Erziehung begangen, war oft nicht ausreichend für meine Kinder da, aber tatsächlich hat mir jeder von ihnen unabhängig voneinander gesagt, dass sie mich für das, was ich geleistet habe respektieren. Und sie taten das, noch bevor ich mich selbst dafür respektierte und für die Fehler vergeben konnte.

Warum steht jetzt über diesem doch etwas länger gewordenen Absatz, dass wir Frauen uns oft selbst im Weg stehen?
U.a. weil wir uns noch immer an anderen Frauen messen. Wir erkennen unsere Leistungen nicht an, sehen ständig andere, die scheinbar alles besser schaffen, erfolgreicher sind, hübscher sind, leistungsfähiger sind, bessere Mütter sind, bessere Mitarbeiter sind, usw. Uns Frauen fehlt es an einem gesunden Egoismus. In so vielen Frauen steckt noch der Stachel des „aufopfern“ müssen. Im Radio hörte ich noch einiger Zeit eine Werbung, die mich regelrecht wütend machte. Eine Frauenstimme verkündete, dass sie eine Erkältung hat, mit Husten, Halsweh, blablba… und vor Einblendung des Medikamentes lamentierte sie: „aber ich muss doch für meine Familie und meine Kollegen da sein!“. Medikament und Firma wurden genannt und zum Schluß war wieder die Frau zu hören, dass jetzt wieder für alle dasein kann.
WIE BITTE?!?! Leben wir in den 50iger Jahren? Es sind auch diese vermeintlichen Kleinigkeiten, die unsere Gesellschaft prägen.
Aber es gibt eben auch die Frauen, die uns das ständig einimpfen. Sie sind besser als wir, bessere Mütter, bessere Ehefrauen, bessere Mitarbeiter usw.
Als ich noch viel mit meinen Söhnen auf dem Spielplatz war, begegneten mir immer wieder die Supermütter, die alle Babies hatten, die schon von Tag 1 durchschliefen. Meine hingegen hielten mich über Monate nachts über mehrere Stunden wach. Komischerweise habe ich mich nie gefragt, warum diese Supermütter alle Ringe unter den Augen hatten. Zu sehr war ich damit beschäftigt, meine eigene Unfähigkeit zu verurteilen.

Preparation – Acryl auf Leindwand 70 x 70 cm

Werdet direkter!

Ich habe jetzt viel über meine Kinder geschrieben. Aber noch nicht über etwas, was ich von ihnen wirklich gelernt habe. Sie tragen Konflikte direkt aus. Mit 2 Jungen im Haus ist oft krach – zumindest war das bei uns so. Es flogen die Fetzen und dann war gut.
Ich hingegen wuchs mit einer älteren Schwester auf. Auch wir stritten uns, aber wesentlich subtiler. Und leider sehe ich diese Art der Konflikte ganz oft bei Frauen. Sie lächeln sich ins Gesicht und dreht sich eine um, hat sie das Messer im Rücken.
Das Frauen die direkte Art der Konfliktansprache durchaus beherrschen sehe ich an einer guten Freundin, von der ich auch lernte, Dinge direkt anzusprechen. Das ist manchmal unbequem, aber reinigend. Anstatt etwas in sich gären zu lassen, soll man es lieber gleich ansprechen und nicht ewig über kleine Andeutungen die Stimmung verpesten.
Und noch ein Letztes, bevor ich diesen Post beende:
Bei aller Notwendigkeit für Frauenrechte usw. – es bringt uns Frauen nicht weiter, wenn wir Männer generell verteufeln oder genauso stigmatisieren wie manche von ihnen uns. Männer sind anders – Frauen auch! (Ein Buchtitel, der mir immer sehr gefiel). Es darf nicht darum gehen, nach jahrhundertelanger Unterdrückung der Frau den Spieß jetzt umzudrehen. Im Ergänzen liegt der Fortschritt und im gegenseitigen Respekt vor dem anderen, auch wenn er/sie anders ist.
Das gilt nicht nur für Männer und Frauen sondern auch für Hautfarben, Herkunft, Zugehörigkeit, Glauben usw.

Frau im Fluss – Acryl auf Leinwand 45 x 70 cm

Anmerkung: 
Die Bilder sind noch aus früheren Jahren (2002-2003)
Verlinkt mit MMI

3 Kommentare

  1. Liebe Julia,
    ich freue mich sehr über Deinen Text und habe ihn gerne gelesen. Dass Du viel über Deine Kinder schreibst, liegt für mich einfach daran, dass sich für Frauen, die sich für Kinder entscheiden, ihr Leben immer noch viel mehr verändert als für Männer. Ich würde jetzt nicht behaupten, dass man mit Kindern keine berufliche Karriere machen kann, aber es liegen einfach viel mehr Steine im Weg herum als wenn man keine Kinder hat. Also gibt man auch leichter klein bei und lässt den Erfolg sausen.
    Liebe Grüße
    Susanne

  2. Liebe Julia, herzlichen Dank für den Text aber der MMM ist dafür trotz des Weltfrauentags nicht der richtige Ort. Beim MMM geht es vorrangig um Kleidung.
    Ich werde deine Verlinkung deswegen löschen. LG, Nina

  3. Danke für Deine Worte, Susanne. Komischerweise habe ich mich nie gefragt, wie meine Karriere ohne Kinder ausgesehen hätte. Vermutlich wäre ich schon von anfang an eher ins kreative Fach gewechselt. Aber trotz aller Schwierigkeiten bin ich froh, Kinder zu haben. Genauso so sehr freue ich mich, dass sie auf eigenen Beinen stehen und ich jetzt viel für mich selbst tun kann. Doch ich glaube, in puncto Frauenrechte gibt es eben noch sehr viel zutun.
    Liebe Grüße, Julia

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