Manchmal bin ich hoffnungslos Mainstream, vor allem zeitversetzt. Es gibt Trends, die ich mir erstmal ansehe, denke ‘hm, naja…’ und irgendwann werde ich so häufig damit konfrontiert, dass ich nur noch dieses eine Teil will.
Vielleicht bin ich aber auch nicht mainstream sondern einfach nur erfolgreich gehirngewaschen.
In letzter Zeit sehe ich überall Bikerjacken. Bestenfalls aus Leder aber für mich unerschwinglich oder aus Kunstleder. Auf den üblichen Modeseiten habe ich immer wieder Modelle gesehen und jedesmal kam mir wieder der Gedanke: ‘Du bist so blöd! Du hast eine ganz tolle, 20 Jahre alte Lederjacke und sie hängt im Schrank.’ Also gut, ganz so blöd bin ich nicht, denn diese Jacke ist noch aus der Mitte der 1990iger Jahre. Total aufgepolsterte Schultern und zudem auch noch ein wenig groß für mich.
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Ein Foto der Lederjacke und mir von ca. 1997 Das ist übrigens etwas unscharf, weil mein damals 7 jähriger Sohn fotografierte. Zudem war es noch eine analoge Kamera |
Letztes Jahr im Winter hatte ich schon mal die Idee, sie wieder anzuziehen und hatte schon die Schulterpolster entfernt. Dann hing sie wieder im Schrank, weil ich mich darin irgendwie nicht wohlfühlte.
Spätestens bei diesem Foto (guckt mal mein Gesicht an!) wird deutlich, dass ich mich nicht wirklich in der Jacke wohlgefühlt habe.
Vorgestern blätterte ich durch einen Katalog und sah wieder eine Bikerjacke für erschwingliche 49 Euro aus Kunstleder. Diesmal hatte ich den nötigen Biß und holte meine alte Lederjacke hervor, um zu sehen, was man daran noch machen kann.
Ich glaube, die Tatsache, dass diese Jacke von Otto Kern ist, hatte mich bisher vor Ehrfurcht von Änderungen abgehalten. Immerhin war sie damals nicht ganz billig. Aber letztlich war die Wahl zwischen a) ich lasse sie im Schrank hängen bis vielleicht irgendwann mal wieder Schulterpolster modern sind und ich den Trend zeitversetzt wieder mitmache oder b) ich setze mich jetzt an die Jacke, riskiere es, sie zu ruinieren und muss dann nur warten, bis ruinierte Lederjacken trendy sind. Also B!
Unten am Ärmelloch trennte ich das Futter auf und schaute mir erstmal an, was machbar ist und dann wurde ich mutig und nähte einfach drauf los. Ich nahm einige Zentimeter am Ärmel und auch an den Seiten weg. Es gibt sicher schönere Ledernähte und ganz so eng wie ich sie eigentlich gern gehabt hätte, ist sie nun auch nicht geworden. Doch ist gut genug geworden, dass ich sie jetzt wieder anziehen mag.
Da es weder Upcycling noch Refashioned ist, nenne ich das Projekt jetzt Upfashioned. Voll cool, weil ich so mainstream bin (jo, Midlife-Crisis nennt man das auch).
Und da ich das mal wieder nur für mich gemacht habe… #selfishsewing verlinke ich mich mit Rums
Übrigens arbeite ich gerade an einem ganz eigenwilligem Projekt. Ich will einen Rucksack haben, den ich in nullkommnix zur Handtasche machen kann bzw. umgekehrt. Das Material – silbernes Kunstleder – habe ich schon. Eine Idee für das Konzept auch. Heute habe ich damit angefangen. Ich bin wirklich sehr gespannt, ob meine Idee sich realisieren läßt. Muss jetzt noch einen Reißverschluß kaufen. Als Futter werde ich wahrscheinlich eine alte Gardine meines jüngsten Sohnes nehmen. Wenn das alles klappt, wie ich es mir vorstelle, werde ich mich für einen Moment wie eine “Nähqueen of fucking everything” fühlen.