Früher war ich anders – heute auch

Rüschen und Schleifchen… ich könnte auch Schleifen schreiben, aber Schleifchen macht mir noch einmal mehr bewusst, was ich da für Stoff gekauft habe.

Ich bin ziemlich sicher, dass mich kaum jemand von früher kennt, bis auf den einen oder anderen, der sich jetzt gerade angesprochen fühlt. Rüschen aka Volant und Schleifchen – galt für Mrs. Ich-brauch-2-Paar-Schuhe-für-den-Sommer überhaupt nicht.
Wer mag kann sich durch einige Blogposts seit Sommer 2016 wühlen, um meiner Verwandlung Herr zu werden – ich wiederhole sie hier nicht.

Tatsache ist aber, dass ich noch vor wenigen Wochen in einer Instagramstory freudig in die Kamera sprach, dass ich vor nichts mehr sicher bin und folglich auch Rüschen/Volant in nächster Zukunft möglich wären. Die nächste Zukunft hat begonnen.

Ich muss gestehen, dass mich der Stoff von Milliblus schon mehrfach im Geschäft angesprochen hatte. Doch erst beim 3. Besuch war ich entschieden, ihn zu kaufen. Dazu kam der Schnitt von Burda für ein sommerliches Top – wahlweise mit oder ohne Volant. Ich arbeitete mich langsam voran und schnitt erstmal das Top ohne Volant zu. Cool!
Aber dann siegte die Neugier. Wie es wohl mit Volant aussehen würde? Genug Stoff war da und ich steckte ihn an, um dann vor dem Spiegel zu stehen und insgeheim zu denken: „Ey, Olle, Du siehst echt umwerfend aus!“.
So nähte ich mit aller Hingabe dieses sommerliche Top, wohlwissend, dass es mir ganz unbedingt stehen würde. Ich nahm noch ein paar kleine Änderungen in der Weite des Volants vor – man muss ja klein anfangen und präsentierte es abends meinem Weltbesten.
Ich muss an dieser Stelle nochmals betonen, dass ich es umwerfend fand und mir überhaupt, absolut, ganz und gar nicht vorstellen konnte, dass jemand anderer Meinung sein könnte (es gibt manchmal solche Momente/Aussetzer bei mir)…. und was sagte der Weltbeste?
„Schön, ist aber nicht so mein Ding“.
Voilà, da war ich wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet.
Und hier kommt der Punkt, an dem ich mich zu früher unterscheide:
Ich war so geprägt, dass ich von dem Moment an mein wunderschönes, geliebtes und mit Hingabe genähtes Top aufgrund der Meinung eines anderen von jetzt auf gleich nicht mochte.
Das mag für manchen schwer nachzuvollziehen sein, andere kennen es vielleicht.
Ich habe Jahre dafür gebraucht, um zu verstehen, dass Geschmäcker unterschiedlich sind. Genauer gesagt: Natürlich wußte ich, dass Geschmäcker unterschiedlich sind und ich gestand es jedem zu, nur nicht mir. Wenn mein Weltbester etwas nicht mochte, mochte ich es auch nicht mehr. Gleichzeitig war es aber vollkommen klar, dass er alles tragen konnte und ich kümmerte mich nicht darum.
Und bevor jemand glaubt, mein Weltbester ist so ein Macho … keineswegs. Diese Gedanken kamen ganz allein aus mir heraus und er hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, mich da rauszuholen. Die erste Besserung ergab sich bei mir, als ich gewissese Kleidung, die er nicht favorisierte, nur dann anzog, wenn er nicht dabei war.
Heute bin ich noch einen Schritt weiter. Ich ziehe es an, wenn mir danach zumute ist. Und wohlwissend, dass er es nicht so toll findet, fühle ich mich wohl darin.
Es gibt jetzt sicher viele unter Euch, die diesen letzten Satz für völlig selbstverständlich erachten, aber glaubt mir, es gibt auch andere, denen es schwer fällt. Und selbst wenn ich es alleine bin, die es jemals so gesehen hat: Ich bin stolz, dass ich heute anders bin.
Diese Bluse wird mich auf unseren kommenden Urlaub begleiten und ich werde sie anziehen. Und ich weiß, mein Partner wird sie nicht so lieben wie ich, aber er wird in erster Linie mich darin sehen und das ist es was zählt.
Für diese Erkenntnis habe ich lange gebraucht, bis mir irgendwann mal aufging, dass er seine Sachen einfach trägt und sich wenig darum schert, ob ich sie mag oder nicht. Und am Ende zählt für mich derjenige, der in den Klamotten steckt.
Natürlich gibt es immer Momente, die besonders sind und wo wir uns gegenseitig um unsere Meinungen fragen. Ich öfter als er. Aber er hat auch nicht die Auswahl, die ich habe.
Damit will ich nicht sagen: Ihr seid, was ihr tragt.
Ich will damit vielmehr sagen: Wenn ihr das anzieht, macht oder tut, was Euch gefällt, tut es Euch gut und diese Ausstrahlung ist es, die Euch schön macht.
Die meiste Zeit meines Lebens fand ich mich hässlich, klein und wertlos. Wenn Ihr Euch heute meine Fotos anschaut, ist das nicht unbedingt erkennbar. Ich habe mich aber angenommen, so wie ich bin. Wer mir auf Instagram folgt, findet so manches Outtakes, weil ich es selbst lustig finde, wie schräg ich darauf aussehe. Das wäre vor einigen Jahren undenkbar gewesen. Jaaa, ich gebe zu, die ganz, ganz, ganz furchtbaren werden gleich gelöscht. Gebt mir noch eine Weile und dann zeige ich auch die.
Ich kürze hier ab, weil es spät ist und ich glaube, dass ich das, was ich sagen wollte, deutlich gemacht habe.
Ich liebe mein Volant-Top. Ich werde es mit in meine Heimat Hamburg nehmen (und wehe das Wetter ist nicht warm genug!!), auf die überraschende Minikreuzfahrt nach Oslo (und wehe, dort ist das Wetter nicht warm genug!!!) und 1 oder 2 Tage später nach Malta (da wird das Wetter warm genug sein). Mein weltbester Partner wird seinen Koffer packen und sich kaum darüber Gedanken machen, was mir davon gefällt und was nicht. Er weiß, dass ich ihn so liebe, wie er ist.
Und ich weiß, dass er mich so liebt, wie ich bin – Rüschen hin oder her.
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Ich wünsche Euch allen einen schönen Rumstag!
Schnitt: Burda Easy 2017

 

9 Kommentare

  1. Hallo Julia,
    tolle Verwandlung, schön geschrieben und MIR gefällt auch noch dein Rüschentop 😉

    Ich kenne das auch, dass man sich von anderen so beeinflussen lässt und auch das “anderen es zugestehen aber sich selbst nicht”. Toll, wenn man es ablegen kann. Ich versuche das auch.. klappt nicht immer, aber immer öfter!

    Liebe Grüße aus deiner (und meiner) Heimatstadt
    Jenni

  2. Liebe Jenni,
    ich glaube, viele kennen es und auch mir gelingt es nicht immer. Aber man soll auf die Momente stolz sein, wo man es schafft und die, wo es nicht so gelingt als Erinnerung nehmen, sich zu fragen, was man wirklich will. Es sind die ersten Schritte, die zählen. Ich drücke Dir die Daumen, dass es Dir weiter gelingt.
    Und grüße unsere Stadt von mir :-)))

    Ganz liebe Grüße, Julia

  3. Hammmer!!! die Bluse ist der absolute Volltreffer! Ich fand den Schnitt in der Burda so furchtbar, und bei Dir ist er einfach der Wahnsinn, ich werde sofort den Stoff kaufen (schon bei Dawanda gefunden) und loslegen!!

  4. Vielen lieben Dank, Katharina. Ich war anfangs auch etwas skeptisch, was den Volant betraf. Ich habe übrigens an den Seiten des Volant etwas Weite rausgenommen. Das sieht bei dem Stoff, der nicht ganz so fliessend fällt, etwas besser aus. Viel Spass beim Nähen und tragen später.
    Viele Grüße, Julia

  5. Mir gefällt die Bluse – habe sie schon in der Burda gesehen und damit geliebäugelt. Für mich wäre sie auch die absolute Urlaubsbluse, – irgendwie verbinde ich Rüschen und Volants mit warmen Sommerabenden 🙂 Wobei das ja Quatsch ist, denn Deine Kombi mit der langen Jeans sieht auch sehr gut aus!
    Natürlich finde ich es auch am schönsten, wenn ich meinem Mann in meiner Kleidung gefalle. Oftmals hat er aber seine Meinung auch später mal revidiert, – das, was ihm auf den ersten Blick so gar nicht zusagte (weil es vielleicht mal was ganz anderes war), gefiel ihm später doch. Wir müssen uns wohl fühlen in unserem Outfit und vermutlich strahlen wir das dann auch aus 🙂
    Liebe Grüße
    Petra

  6. Danke, Petra. Ja, ich stimme Dir vollkommen zu. Man muss sich in der Kleidung wohlfühlen. Und es gibt auch Momente z.B. Parties, wo ich meinen Partner frage, ob er sich etwas wünscht, was ich anziehe (oft stelle ich die Frage, wenn ich selbst ratlos bin ;-)). Oft sagt er dann aber eben auch, ziehe das an, worin Du Dich wohlfühlst.
    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße, Julia

  7. Hallo liebe Julie,
    Ich kann Dich sehr gut verstehen. Es geht mir manchmal ähnlich. Toll das Du es ablegen kannst, gelingt mir nicht oft. Das Top ist toll, kann ich aber nicht mehr anziehen, das sieht mit meinem Oberarmen nicht mehr gut aus.

  8. Liebe Sylvia, auch wenn es Dir noch nicht oft gelingt, dann scheinbar doch manchmal und das allein ist schon viel wert.
    Danke für das Kompliment des Tops. Ich kann kaum erwarten es anzuziehen. 🙂
    Liebe Grüße, Julia

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