Kiss my Stripes

Als ich mit ca. 16 oder 17 Jahren von den Eltern eines Freundes (sie waren in der Textilbranche tätig) einen blau weiß gestreiften Stoff geschenkt bekam, nähte ich mir meinen ersten Overall. Er hieß damals noch Overall und nicht Jumpsuit. Ich nähte ihn ganz ohne Schnitt wie so ziemlich alles damals. Und wenn ich mich recht erinnere war es das letzte Kleidungsstück mit feinen, blauen Streifen (bis auf die Upcycling Shorts aus einem Fischerhemd). Ich hätte mir den Stoff wahrscheinlich auch nie gekauft, aber ich bekam ihn geschenkt und es waren viele Meter. Leider gibt es davon nicht mal mehr ein vergilbtes Foto, aber ich weiss, er hatte Druckknöpfe, lange Ärmel und Beine  und ich war stolz wie Bolle.

Ein paar-und-40 Jahre später, bestelle ich in voller Absicht und im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte wieder Streifenstoff, obwohl ich, und da bin ich mir zu 80% sicher, bis dahin nie wieder Streifen trug oder vernähte (bis auf die Upcyclingshorts aus einem Fischerhemd). Ringelshirts, ja. Aber Streifen… nee, ich glaube nicht.

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Anfang des Jahres entschied ich mich, bei den 12 Colours of Handmade Fashion von Selmin teilzunehmen und ich habe bisher keinen Monat, egal wie herausfordernd die Farbe ist, ausgelassen. Ich mag ihre Aktion, ihren Blog und die Art wie sie schreibt.

Warum eigentlich 12 Colours of Handmade Fashion?

Ich gehe mal davon aus, dass nicht jeder, der hier mitliest weiss, weshalb diese Aktion ins Leben gerufen wurde. Jeder hat so seine Lieblingsfarben bei Kleidung. Bei mir herrschen im Sommer die hellen Farben vor . Ich habe Unmengen an weißen T-Shirts und Blusen. Im Winter hingegen trug ich bis letztes Jahr vorwiegend dunkle Farben, meist Schwarz. Das ging soweit, dass ich so viel Schwarz im Schrank hatte, dass ich die zusammengelegten Teile nicht mehr voneinander unterscheiden konnte und mich dazu entschied, meine Pullover nach Auschnitten zu sortieren. Das dämmte das Problem ein wenig ein. Ziel dieser Aktion ist es aber, den Kleiderschrank ein wenig bunter zu machen. Und es ist erstaunlich, wie man plötzlich neue Farben für sich entdeckt… und plötzlich auch Muster.

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So lieben viele Teilnehmerinnen Streifen. Ich lese seit Monaten “Streifen gehen immer”. Ähnlich wie bei meinem Spucktuchstoff, blieb ich beinhart und widerstand erstmal. Das hielt so lange an, bis ich bei irgendjemanden die erste Bluse mit Ballonärmeln sah und von jetzt auf gleich wusste, es muss g-e-n-a-u diese Blusen sein. Und diese Bluse war blau weiss gestreift. Ich zog los und kaufte den Stoff ohne zu wissen, welchen Schnitt ich wählen würde, noch wieviel ich dafür bräuchte.

Die erste Streifenbluse

Die erste Bluse mit Ballonärmelm (Blogpost folgt noch) aus einem wunderbaren blau weiss gestreiften Viskosestoff  sollte die Bohobluse  mit angepassten Ärmeln aus der Mix Match Kollektion von Kibadoo werden. Ist halt nur wirklich blöd, wenn man sich weder die Stoffmenge noch den Schnitt im Detail mal angesehen hat und dann merkt, der Stoff reicht vorne und hinten nicht.  Also entschied ich mich, anstatt Vorder- und Rückenteil zuzuschneiden, einfach 2 x das Vorderteil zu machen. Dafür reichte der Stoff. Erste Anprobe: Plan hat 1 A funktioniert, aber die Bluse geht nur bis zum Bauchnabel und das ohne Saum. Alter hin oder her, Faltenbauch auch egal, aber ich mag solche Blusen nicht mehr tragen. Ich fühle mich in etwas längeren Teilen wohl. Da jetzt noch Ballonärmel dran sollten (sind im Schnitt in der Form nicht angegeben), gab der letzte Rest Stoff keine Möglichkeit mehr her, noch etwas zur Verlängerung zusammenzuschnipseln. Wohl dem, der ein gut sortiertes Stofflager hat! Ich fand einen blauen Chiffon und setzte ihn unten an. Am Ende ging mein Plan auf. Nähere Ausführungen, wie gesagt, dazu im noch folgenden Blogpost, aber hier schon mal ein Sneak Preview:

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Einmal infiziert von Streifen und Schnitt, passiert dann das: monatelange Streifen-Gehirnwäsche, eine geglückte Bluse und die Ankündigung der Farbe Lila für August liessen mich eine Stoffbestellung in Auftrag geben, die ich vor einem viertel Jahr niemals getätigt hätte. Wahrscheinlich habe ich bereits bei Google meinen persönlichen Algorithmus völlig durcheinander gebracht, als ich Streifenstoff in die Suchmaske schreib. Das Paket kam und ich war um 3 gestreifte Stoffe à 2 m reicher (alle waren runtergesetzt), darunter auch ein lila gestreifter.

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Wenn man jetzt aber nochmal folgendes bedenkt: Für die 12 Colours of Handmade Fashion sind die Regeln recht einfach und locker. Man muss nicht etwas Neues nähen, sondern kann auch gern ein bereits früher genähtes Kleidungsstück präsentieren, solange sich in irgendeinem Faden die vorgegebene Farbe befindet. Und noch vor Bekanntgabe von Lila für diesen Monat hatte ich zufällig ein Shirt genäht, welches – Lila war! Ich wäre eigentlich bereits fein raus gewesen und mein Beitrag wäre hier zu ende, bis auf den Hinweis, dass ich zum xten mal mein geliebtes Artemis von Lasari für den Kussmundstoff von Milliblus wählte (plus die dazu passenden Socken!)

 

Aber nein …. Madame, die hier gerade diesen Text tippselt, war nicht mehr von dem Gedanken abzubringen, dass sie dringendst, trotz einiger Probenähprojekte, noch die lila weiss gestreifte Bluse brauchte und somit seid Ihr noch nicht entlassen. Also hinsetzen und weiterlesen! Vorallem diejenigen, die mich mit ihrer Streifenliebe infiziert haben! Und wehe hier meldet sich jetzt einer und sagt, er müsse auf Klo!

Kleiner Einschub am Rande: Mir werden auf meinem Tablet immer am oberen Rand neu eingegangene Emails angezeigt. Und eben erschien eine mit den Betreff “Mein lila gestreiftes Shirt”… Tja, Selmin, Du Streifenmonster, stell Dich mal brav in die Ecke und schäme Dich! Ich hab zwar jetzt viele Farben im Schrank, aber auch zunehmend Streifen!

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Zurück zu diesem Projekt. Blau weiss war gelungen, aber ich wollte jetzt unbedingt noch diesen vielversprechenden Rücken des Schnitts probieren und hatte ja auch genug Stoff. Klappte alles großartig! Erste Anprobe und was fällt mir nach dem Zuschnitt wieder ein: Die Bluse geht ja nur bis zum Bauchnabel!!! (Memo an mich: Unbedingt den Schnitt verlängern!!!) Kurz zuvor hatte ich für Itch to Stitch die Chaibluse probegenäht und das untere Teil gefiel mir großartig. Also zückte ich den Schnitt hervor, stellte fest, der untere Teil der Kibadoo Bluse passte perfekt auf die obere Kante vom Chaishirt und Stoff war auch da. Zuschnitt, anstecken, anprobieren, passt! – sieht aber Sch**ße aus. Doch ich hatte schnell die Lösung im Kopf. Ich nähte alles zusammen, schlug den breiten Saum nach oben, steppte ihn fest und zog ein Gummi ein. Die Ärmel vom Boho verengte ich nach unten hin, Schnitt 2 Rechtecke im Stoffbruch zu, kräuselte sie auf die Weite vom Bohoärmel ein und nähte sie dran. Damit bekam die Mix und Match Kollektion eine weiter Dimension, in dem ich 2 Schnitte kombinierte und noch eigene Ideen zufügte.

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Ende gut alles gut. Ich werde jetzt ein Teufel tun und vor Verkündigung der neuen Farbe irgendetwas Posten, ob bei Instagram, Facebook oder hier, was noch nicht dran war! Denn ich stecke nicht nur in einem Probenähen für eine Herbstkollektion, sondern es geht im September noch für eine Woche nach Venedig. Da wird die Zeit ein wenig eng, zumal ich noch eine Auftragsarbeit erledigen muss.

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Kennt übrigens jemand schöne Stoffgeschäfte in Venedig, die bezahlbare Stoffe führen? Bitte immer her damit!

Diejenigen, die bis hierher mitgelesen haben, wünsche ich einen schönen Sonntag und einen guten Start in die nächste Woche. Die anderen, die vorher aufgegeben haben, geniessen wahrscheinlich schon den letzten Tag der Woche.

Auch Streifenmonster Selmin darf jetzt aus der Schämecke kommen.

Die Fakten:

Schnittgrundlage: Bohobluse Mix&Match Kollektion von Kibadoo, Unterteil: Chaibluse von Itch to Stitch.

Shirt: Artemis von Lasari Design

Stoff: Bluse: Stoffe Hemmers

Shirt: Milliblus von Das Königskind, Friedberg

Eure

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2 Kommentare

  1. Hallo Julia,
    deine Bluse ist sehr schön, der rückwärtige Ausschnitt topp!
    Und Streifen gehen doch wirklich immer *grins*
    Ich bin gespannt auf deine nächsten Werke….
    Liebe Grüße Marion

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