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Er hat ja auch schon eine Menge Veränderungen mit mir mitgemacht. Früher, als wir uns kennenlernten, trug ich tatsächlich in meiner Freizeit am liebsten Jeans und Flanellhemden, besaß im Durchschnitt 2 Paar Schuhe für jede Jahreszeit, 1 Paar Pumps für besondere Anlässe, auf denen ich nach 5 Minuten die ersten Qualen erlitt und konnte Schuhgeschäften keinen Reiz abgewinnen.
Veränderung heißt ja aber nicht zwangsläufig, dass das Alte komplett weg muss. Es kann ja durchaus bedeuten, dass zu dem Alten Neues hinzukommt. Und als ich den Flanellhemdkommentar mal wieder von ihm hörte, dachte ich mir, “ja, es ist an der Zeit, ein Flanellhemd zu nähen.”
Problem 1: Stoff finden
Die Stoffsuche gestaltete sich schon schwierig. Vor allem wenn man dieses Vorhaben im Sommer zum ersten Mal umsetzen will. Karierten Flanellstoff fand ich erstmal nur in Form von Schottenkaros. Normale Blusenschnitte hätte ich ja bereits gehabt, aber das Probenähen für die Greta von Finas Ideen war gerade erst beendet, ich befand mich im regen Ausstausch mit Jenny von Basteltantes Nähkästchen und ließ mich von ihrem Rüschenwahn erstmal anstecken. Dabei kam dann das heraus:
Meinem Liebsten erzählte ich dann ganz stolz, ich hätte mir jetzt eine Flanellbluse genäht.
….. ihr könnt Euch ungefähr seine Beigeisterung vorstellen, hatte er doch ein maskulines Holzfällerhemd bildlich vor Augen.
Nun denn! Ich wollte ihm natürlich nicht nur seinen Wunsch erfüllen, sondern tasächlich ja auch selbst so ein Teil haben, denn bei allem Glitzer, Rüschen und Pailletten steckt eben auch noch dieser Teil in mir.
Als ich dann vor einer Weile auf Selmins Blog Tweed and Greet vorbeischaute, hatte sie gerade einen tollen Flanellstoff ergattert. Natürlich stand auch die Quelle da und zu meiner großen Freude, bot dieser Händler sein Sortiment auch Online an. Es dauerte nicht lange und 2m dieses wundervollen Stoffes lagen in meinem Warenkorb. Dazu dann noch ein Schnitt, den ich auch auf ihrer Seite fand und es konnte losgehen.
Problem 2: Halte Dich nie für unbesiegbar
Das ganze war Ende Dezember. Ich war gerade mit dem Kleid für Sewera – mein persönliches Meisterwerk – fertig und fühlte mich unbesiegbar.
Und genau diese Haltung kann manchmal Wunder bewirken – in meinem Fall jedoch nicht. Es begann schon mit den Karos, die ich natürlich beim Zuschnitt nicht beachtete und es ein heilloses Durcheinander gab. An den Nähten wurden aus den Karos unregelmäßige Schachbrettmuster. Dann ging es an der Passe am Rücken, die leichte Rundungen hat, weiter. Irgendwie lief das bei mir so schief, dass ich seitlich im Spiegel betrachtet, spontan an den Glöckner von Notre Dame erinnert wurde. Zu dem Zeitpunkt war ich eigentlich bereit, das gesamte Teil in die Tonne zutreten. Ich schlief ein oder zwei Nächte drüber und entschied letztlich, neuen Stoff zu bestellen.
Nach einer Kleinigkeit von 60 Min. Recherche, um herauszufinden, wo ich bestellt hatte, war ich so froh, dass ich den Händler fand. Ich sage Euch, die Funktion im Kundenkonto “vorige Bestellungen” kann Gold wert sein. Allerdings nur dann, wenn man nicht einen Klick weiter erfährt, dass der Stoff nun leider ausverkauft ist.
Ich recherchierte weiter und fand nach weiteren 3 Stunden einen Stoff, der ähnlich und annehmbar war. Aber eben nicht der, den ich wollte. Dieser neue Stoff liegt hier mittlerweile zugeschnitten rum und es wird ein neues Flanellhemd nach einem anderen Schnitt entstehen.
Problem 3: Buckel bekämpfen
Entmutigt von meiner Stoffsuche, mit dem Bewußtsein, dass ich gerade die letzten Meter eines nicht mehr ersetzbaren Stoffes in den Sand gesetzt hatte, sprang mein innerer Terrier auf und verbiss sich in dem Projekt Flanellhemd. Die durcheinandergewirbelten Karos ließ ich einfach als “soll so sein” durchgehen. Dann machte ich mich an die Passe und wollte sie begradigen. Wäre kein Problem gewesen, wenn ich ein bauchfrei Hemd hätte haben wollen. Wollte ich aber nicht. Irgendwie musste dieser Buckel weg. Der innere Terrier knurrte immer lauter und hatte schon ein helles Rot in seinen Augen, als ich auf die…. also DIE Erfindung kam. Der ATS! Merkt Euch diesen Begriff. Und merkt Euch auch, dass ich darauf ein Copyright habe.
ATS steht für Anti-Tonnen-Stich. Er ist eigentlich auf jeder handelsüblichen Nähmaschine vorhanden.
Und wehe jemand denkt jetzt, dass das nicht wirklich schön aussieht. Problem war Buckel und Buckel jetzt weg. Also Problem behoben, Terrier saß mit einem Leckerli in der Ecke, die Rotschattierung wich aus seinen Augen und stupste aus Langweile dafür den inneren Monk an.
Ich habe tatsächlich nur ein Foto von hinten gemacht. Mehr ließ Monk nicht zu. Und wenn ich das jetzt gerade betrachte, dann sollte ich zusehen, dass ich mit dem Hemd immer den Rücken zur Wand habe.
Übrigens postete Selmin neulich ein Foto von ihrem Hemd nach dem gleichen Schnitt und ich meine, dass ich den Fehler mit der rückwärtigen Passe gefunden habe. Der Hinweis, dass die Passe quer zum Fadenlauf zugeschnitten werden soll, scheint mir auf wundersame Weise entgangen zu sein.
Ich hatte mich nun mit 2 Problemen an meinem Hemd arrangiert und fabrizierte mit absoluter Selbstsicherheit das Nächste! Die Knopflöcher.
Problem 4: Knopflöcher? Kann ich!
Ja, ich habe schon diverse Blusen genäht und auch Jacken. Das ist alles kein Problem. Dumm nur, wenn man die Richtung der Knopflöcher von Blusen und Jacken durcheinanderwirft. Anstatt sie längst zur Knopfleiste zu nähen, machte ich sie quer. Und das fiel mir natürlich erst dann auf, als ich auch das letzte Knopfloch aufgeschnitten hatten.
Ich sah nur noch eine Lösung: Das vollspammen der Instastories über meine Fassungslosigkeit. Gern hätte ich Euch das hier gezeigt, aber sie sind alle weg.
Ich saß völlig fassungslos vor meinem Handy und lamentierte über ca. 5 – 10 Stories, dass mir noch eine Woche zuvor ein Meisterstück an Kleid mit nahtverdecktem Reissverschluss und 1A Passform gelungen war, aber ein schnödes Flanellhemd so dermaßen den Bach runterging.
Allerdings – und da wundere ich mich über mich selbst – trage ich dieses Hemd total gerne, was einfach daran liegt, dass der Stoff so wunderbar weich und warm ist und ich weder den ATS noch die verqueren Karos selbst sehen kann. Und die Knopflöcher? Och, einfach nicht aufknöpfen und über Kopf an- und ausziehen.
Fazit
Es muss nicht immer alles perfekt sein. Es kann sogar reichlich unperfekt sein und trotzdem ein Lieblingsstück werden. Ach ja – und mein Partner findet es klasse!
Die Fakten:
Schnitt: Rüschenbluse Greta von Finas Ideenblog – Flanellhemd Rosa von Tilly and the Buttons.
Stoff: Schottenkaro Greta, Stoffe Hemmers – Flanell von Alfatex (ausverkauft)
Mit einer Nachtschicht für ein hübsches Plätzchen bei Rums verabschiede ich mich.
Liebe Julia
Also ich finde das Hemd auch klasse, würde ich sofort nehmen, ich liebe Karo Hemden – und deine Fotos sind top!
Ganz liebe Grüsse & happy Weekend
Miri
Liebe Miri,
dass freut mich 😊 Dir auch ein Happy Weekend.
Hey Julia, nicht perfekt, aber ein/dein Unikat!! Trage es mit Stolz!! Gruss aus Berlin
Ja, dass mache ich! Ganz lieben Dank.
Grüße nach Berlin
[…] Stück tragen würde. Noch während ich antwortete, fiel mir sofort wieder mein misslungenes Holzfällerhemd ein, wo der Musterverlauf völlig verquer lief, der Rücken einen Buckel formte und zum Schluss […]
[…] Schnitt hatte ich im Grunde gewartet. Wer sich noch an mein verhunztes aber dennoch gern getragenes Flanellhemd erinnert, weiß, dass ich mit dem damals verwendeten Schnitt keinen Frieden schließen konnte. Zwar […]