Ein Blogbeitrag mit Werbung

Ihr Lieben,

da schrieb ich noch in meinem Blogbeitrag h+h Köln – ein ganz persönlicher Rückblick , dass ich ohne Kooperationsanfragen zurückgekommen bin und schon bekam ich über Instagram die Anfrage von Schnittmuster Berlin, ob ich 2 Schnitte ihrer neuen Kollektion designnähen würde.  Die Welt war für mich wieder im Lot.

Bevor ich jetzt weiterschreibe, möchte ich darauf hinweisen, dass alle Leser, die nicht zu Schnittmuster Berlin gehören, den gesamte Text lesen können. Schnittmuster Berlin bitte ab jetzt die kursiv geschriebenen Absätze überspringen, sonst blättert mein Image der erfahrenen und versierten Näherin.

Die Qual der Wahl

Schritt 1 stellte mich schon vor eine Herausforderung: 2 Schnitte aus der Kollektion aussuchen. Hört sich jetzt nicht schwierig an, aber bei den vielen schönen Teilen, war es wirklich nicht einfach, sich auf 2 zu beschränken.

Schritt 2 war da schon deutlich einfacher: Die Stoffwahl. Glücklicherweise hatte ich kurz vorher in Holland Stoffe bestellt und die Auswahl wäre wesentlich schwieriger gewesen, hätte ich nicht fast ausschließlich 1,50 m bestellt. Die Schnitte wollten aber mindestens 1,60 m haben. So flogen just die meisten zurück ins Lager. Übrig blieben 2 blaue Stoffe. Einmal Jersey und einmal Chiffon. Die Papierschnitte waren auch ratzfatz da und es konnte losgehen.

Projekt 1: Das Kleid Martha

Martha sprang mich sofort an, weil mir dieser gürtelähnliche Teil an der Seite sehr gut gefiel. Zudem war ich natürlich neugierig, wie man so einen Effekt hinbekommt. Schnittmuster abpausen, auf Stoff legen und zuschneiden! Hierbei ist das genaue Abpausen der Markierungen sehr wichtig. Falten an der Seite legen, an den Schultern legen, feststeppen – klappt! Dann 2 Raffnähte machen – klar, auch kein Problem. Vorweg schon die Schulternähte und die eine “einfache” Seitennaht zusammensteppen, um mal eine ungefähre Idee der Passform zu bekommen. Auch hier, Daumen hoch. Für die andere Seitennaht, da wo die Falten und Raffungen waren, schaute ich mal vorsichtshalber im Blog nach der Anleitung nach und beendete (offiziell) auch die Naht.

Zwischen Seitennaht 2 und beenden lag aber mindestens ein Tag und eine schlaflose Nacht, die eher vom Vollmond kam. Tagsüber hatte ich mich hingebungsvoll dem Auftrennen der Nähte gewidmet. Nicht einmal, nein – gleich mehrmals. Es sah einfach nicht so aus, wie auf der Zeichnung. Und im Blog war dieses Bild, dass mir schlichtweg Fragenzeichen ins Gesicht zauberte. Mein Hirn hatte einen Knoten von der Größe des Eisbergs, den die Titanic rammte. In der schlaflosen Nacht gingen mir diverse Dinge durch den Kopf, die ich Euch hier erspare. Gegen 3.00 oder 4.00 machte es dann “Klick” im Kopf. Und das ist einer dieser Klicks, die ganz spontan kommen, ohne das man vorher lange darüber gegrübelt hatte. Der Eisberg war spontan geschmolzen. Das ich danach wieder einschlafen konnte, grenzt an ein Wunder. Nach dem Aufstehen verpflegte ich noch schnell meinen Freund mit Frühstück und setzte mich dann an die Nähmaschine. Ja, mein Hirn hatte den richtigen Klick gehabt. Das Kleid saß, die Markierungen und das Bild im Anleitungsblog ergaben plötzlich Sinn und ich fragte mich, warum ich da nicht schon vorher drauf gekommen war. Am Ende schob ich die Schuld auf den Blätterstoff… wenn man vor Blättern den Wald nicht sieht (oder so ähnlich!).

Da das Kleid so problemlos zu nähen war, habe ich mich gleich an ein Zweites gemacht, wobei ich diesmal einen V-Ausschnitt wählte (ach ja, und die Falten an der Schulter diesmal in die richtige Richtung legte). Das das Faltenelement bei diesem Kleid auf der anderen Seite liegt, war natürlich Absicht (nicht, dass jemand denkt, ich hätte den Stoff falsch herum gelegt!….öhm) Am Rockteil nahm ich noch etwas Weite weg und schon war Martha Nr. 2 fertig.

Projekt 2: Wickelbluse Melinda

Martha war in trocknen Tüchern und es wurde Zeit für Melinda. Schon bei der Bestellung wies mich Schnittmuster Berlin darauf hin, dass Melinda ein recht anspruchsvoller Schnitt wäre. Ich antwortete mit einer gewissen Zuversicht (böse Zungen würden Arroganz sagen), dass ich das schon hinkriegen würde. Innerlich fielen mir die vielen Teile ein, die ich trotz Schwierigkeiten am Ende hinbekommen hatte. Und Wickelblusen waren auch kein Neuland für mich. Was soll denn da schon schief gehen???

Und um dem ganzen noch ein kleines Schwierigkeits-Sahnehäubchen aufzusetzen, wählte ich kamikazegleich einen Chiffon. Quatsch – gleich 2, denn ich brauchte noch einen Kontraststoff für die Blenden. Genau diese Blenden waren es, die schon beim Abpausen des Schnittes für gefühlte 398 Schnittteilen führten. Ich ließ mich nicht beirren, sortierte erstmal alles nach Normal- und Kontraststoff und machte mich ans zuschneiden.

Da ich ja immer wieder auf Chiffon zurückgreife (die Erinnerungsphase an das Fluchen hat bei mir eine sehr kurze Halbwertszeit), war ich mittlerweile schon recht gut beim Zuschnitt. Mit reichlich Gewichten auf dem Stoff und immer wieder neu ausrichten, war ich alsbald fertig. Ein kleiner Tipp für Chiffon: Legt Euch Sprühstärke zu. Die kann zur Not auch schon vor dem Zuschnitt aufgesprüht werden, aber spätestens, wenn man Kanten bügeln muss, ist das Zeug ein wahrer Segen.

Sprühstärke half zwar beim Bügeln, aber nicht bei der Erklärung, wie ich welches Teil zusammennähen muss. Auch hier hatte ich spontan wieder einen fetten Knoten im Kopf, las die Anleitung mehrfach durch und suchte auf dem Blog von Schnittmuster Berlin nach einem Erklärpost. Tja, den gibt es aber nicht. Langsam dämmerte mir, weshalb ich nicht nur vor dem Schnitt gewarnt wurde, sondern warum auch “für Profis” draufsteht. Aber soooo schnell gebe ich nicht auf. Knoten im Kopf hin oder her – Madame ist mit einem starken Willen, Terriermentalität und Improvisationstalent ausgestattet. Ich warf kurzerhand die Anleitung über Bord (die schwimmt jetzt neben dem Eisberg) und verließ mich auf meine Intuition, wie ich welches Teil wo zusammennähen muss. Glücklicherweise muss ich Melinda nicht einschicken. Nein, sie bleibt hier und hütet mein süßes Geheimnis (also das Nähgeheimnis – nicht das irgendwer bei dem Ausdruck auf komische Gedanken käme!)

Melinda war dank Sprühstärke und Einfallsreichtum schneller fertig als ich dachte und ich muss sagen, dass sie wirklich eine ganz tolle, ausgefallene Wickelbluse ist, die allerdings nichts für Frauen ist, die sonst gern hochgeschlossen tragen, es sei denn, man zieht noch etwas drunter. Wer, wie ich auf den Fotos, bis auf BH nichts drunter trägt, muss allerdings nicht ständig am Ausschnitt zuppeln, weil er einfach bombenmässig sitzt. Ich bin ja nun eher Frau Zappelphillip vor der Kamera, aber auch hier blieb alles, wo es hingehörte. Insbesondere die Blenden geben der Bluse einen ganz besonderen Look, auch wenn es insgesamt aufwendiger ist, sie zu nähen. Im Moment überlege ich, ob ich mir noch eine weitere Melinda aus fließendem Viskosejersey mache. Dafür ist der Schnitt zwar nicht vorgesehen (verlangt wird fließende Webware), aber theoretisch müsste es möglich sein. Ich halte Euch auf dem Laufenden.

 

Mein herzlicher Dank geht an Schnittmuster Berlin für die wunderschönen Schnitte und das Vertrauen in meine Nähkenntnisse. Insbesondere bei Melinda sollte man sich aber wirklich an den Nählevel halten, der vorgegeben wird. Anfänger und auch Näherinnen, die sonst nur nach bebilderter E-Book Anleitung nähen, könnten schnell mit der vergleichsweise knapp gehaltenen Beschreibung Schwierigkeiten haben.

Die Fakten

Kleid Martha und Wickelbluse Melinda: Schnittmuster Berlin

Stoff: Jersey und gemusterter Chiffon von Driessenstoffen. Unifarbener Kontrastchiffon aus meinem Stofflager.

Vielen Dank an RUMS für das wöchentliche Linktreffen.