
Es ist noch keine ganze Woche her, seit ich wieder aus Venedig zurück bin. Es war mein erster Besuch und ich schwelge noch immer in Erinnerungen und schaue mir die Fotos an. Was für eine Stadt! Ich hatte schon oft gehört, wie schön Venedig ist, aber ich glaube, jeder wird am Ende seine eigenen Eindrücke haben.
Venedig hat uns so alles geboten: Viele Touristen, Biennale, endlose Sehenswürdigkeiten, Sonne, Abzocke im Restaurant, Bellini, den Kellner Roberto mit viel Humor, Regen, Bellini, Eis, leckeres Essen und letztlich auch Hochwasser.
Probenähen für Wardrobe by Me
Aber auch ich hatte Venedig etwas zu bieten. Nicht nur einen Koffer voll selbstgenähter Kleidung, sondern auch meine bis dahin noch geheime Probenähbluse “Janis” von Wardrobe by Me. Dieses Schnittmusterlabel habe ich irgendwann mal durch Zufall im Internet entdeckt und mein erstes Projekt war die Shorts Frida. Als ich sie auf Instagram postete, meldete sich Christina Albeck, die hinter dem Label steht, bei mir und bot mir an, ein Schnittmuster aus ihrer Kollektion auszusuchen. So fand ich zu meiner großen Kleiderliebe, dem Susie Slip Dress. Während Frida und ich am Anfang noch einen etwas holprigen Start hatten, waren Susie und ich sofort beste Freundinnen. Und daraus ergab sich dann auch ein netter Kontakt zu Christina Albeck. Nach Susie folgte die Freebook-Bluse Hera, die problemlos genäht gewesen wäre, hätte ich nicht diesen fiesen, miesen, hinterhältigen und rutschigen Chiffon gewählt. Danach dauerte es nicht lang und ich entdeckte einen Probenähaufruf von Wardrobe by Me für eine neue Bluse und ich zögerte keine Sekunde und bewarb mich. Schnell bekam ich eine Privatnachricht von Christina, die sich darüber freute, dass ich dabei sein wollte. Jetzt musste ich alles nur noch so koordinieren, dass ich Janis vor dem Urlaub fertig bekam, denn die Veröffentlichung des Ebooks war für den 10.09. vorgesehen, wo ich bereits in der Lagunenstadt sein wollte.
Für meine erste Janis wählte ich einen Koshibo von Der Stoffhandel, der gleichen Stoff, den ich auch für das Susie Slip Dress gewählt hatte. Zu dem Zeitpunkt war das Ebook noch mit Rüschen am unteren Saum am Vorder- und Rückenteil vorgesehen.
Kaum war sie fertig, kam eine neue Variante heraus, diesmal ohne Rüschenvolant am Oberteil. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits in meinem Lieblingsstoffladen, Das Königskind, in Friedberg gewesen, die schon vor dem offiziellen Verkaufsstart die neue Kollektion von Milliblus hatten. Ich verliebte mich spontan in ganz viele Stoffe. Der Besuch hatte nur einen Haken: Ich wollte nur gucken. Hierzu empfehle ich Euch meinen letzten Blogbeitrag Über den Umgang mit Stoffen… von letzter Woche. Um mich gleich abzusichern, sagte ich beim Betreten: “Ich bin nur hier um zu gucken.” Die beiden Inhaber, Uli und David, nickten mein Vorhaben brav ab, aber es schwang so ein stiller Unterton mit, der in Richtung: “Jaaaa, siiiicher! (und ich schwöre, ich konnte das Kopftätscheln fast spüren)…Wir kennen Dich noch nicht lange, aber bisher bist Du hier noch nie ohne Stoff rausgegangen, aber wir glauben Dir (ZWINKER, ZWINKER, ZWINKER)… ” ….
Ich streichelte über die neue Kollektion von Milliblus, dachte insbesondere bei dem Viskosestoff an die neue Janis-Variante und sagte dann mit dem Stoffballen im Arm: “Also von dem hier kaufe ich jetzt nicht 1,50m!” – Uli stellte sich an den Tisch und schnitt keine 1,50 m ab und musste mich folglich auch nicht darauf hinweisen, dass ich ihn zwar (nicht-) kaufen, aber vor dem offiziellen Verkaufsstart noch nicht zeigen kann. Das passte prima, denn für den Verkaufstart war der 7.9. angesetzt und der Schnitt sollte erst 3 Tage später veröffentlicht werden. Da ich den Stoff ja nicht wirklich gekauft hatte, war das sowieso kein Problem.
Zu Hause schnitt ich den nicht gekauften Stoff sofort zu und nähte mir meine 2. Janis und sie wurde gigantisch. Kaum war sie fertig war auch klar, dass sie unbedingt mit nach Venedig muss.
Übrigens hatte ich auch mein erstes italienisches Stoffladenerlebnis. Ich war wirklich auf der Suche nach einem Stoffgeschäft und fand das erst in der Nähe eines Restaurant, wo wir am ersten Abend gegessen hatten. Die Inhaberin war eine nette ältere Dame, die keiner weiteren Sprache als Italienisch mächtig war. “Egal”, dachte ich… “warum hast Du immer wieder mal zu Hause italienisch gelernt, wenn nicht für diese Gelegenheit”. So stotterte ich mich durch das Gespräch, was aber nicht so schwierig war, weil die Dame sehr gesprächig war. Also ließ ich sie reden und mir Stoffe zeigen. Die Preise überstiegen mein Budget und ich verließ den Laden mit einem freundlichen Lächeln. Ein paar Tage später kamen wir an einem größeren Stoffladen vorbei und angesichts der Größe des Geschäfts und meines seligen Lächelns hatte sich mein Weltbester kurz nach meinem Betreten des Ladens gegenüber in eine Bar gesetzt und schon mal vorsorglich 2 Bellini bestellt. Ich hingegen durchstöberte alles, schreckte vor Preisen von beispielsweise 98 €/Meter zurück und nippte an meinem Bellini, noch bevor er warm wurde. Aber es ließ mich nicht los. Es gab dort nämlich auch günstigere Stoffe. Ich betone extra “günstigere”. Am vorletzten Urlaubstag – da wo der Einkaufsdrang bei mir immer extrem zunimmt – ging ich allein zu dem Laden, durchstöberte wieder alles und entdeckte diesen tollen Jersey. Ich würde ihn hier wahrscheinlich auch bekommen, aber dieser kommt aus Venedig! Also ging ich zu dem glatzköpfigen Verkäufer und meinte in einem fehlerfreien italienisch, dass ich gern 1,50 m davon hätte. Er maß es aus, schnitt es ab und packte es ein. Währenddessen schweiften meine Blicke auf die anderen Stoffballen und ich stammelte in tranceartiger Glückseligkeit etwas von “Paradiso….” Großer Fehler! Italienische Verkäufer reagieren sofort darauf und kommen mir diversen Stoffballen an einen herangetreten und schwärmen mit dieser samtig-rauhen Stimme von diesem Stoff. Ich war mittlerweile völlig eingelullt und verstand neben dieser wunderbaren Stimme irgendetwas von “Original Dolce&Gabana”… sah, wie meine Finger über diesen Stoff strichen… und bevor ich noch weiter abdriftete, war da mein deutsches Stimmchen und schrie einemal laut durch mein Gehirn “Hast Du gehört?!???? – Dolce&Gabana!!!! Du verlässt jetzt umgehend den Laden!!!” Innerlich wollte ich nochmal protestieren, aber bevor ich dazu kam, schrie dieselbe Stimme “KONTOSTAND!!!” Okay, ich gab nach, murmelte, dass ich zurückkommen würde (wenn ich einen Millionär geheiratet habe), und “Arrividerci”. Draußen auf der Straße kam ich wieder in der normalen Welt an und realisierte, dass ich mit 25 € pro Meter den teuersten Jersey meines Lebens gekauft hatte.